5. November 2017

das Maxl-Syndrom


Eine der Quellen des Maxl-Syndroms ist die im Foto links befindliche Haltung der Kralle.

Zuerst müssen wir klären, was ein Syndrom ist. Die Lügipedia hilft nicht weiter, da der Artikel dazu viel zu verschwurbelt und kompliziert geschrieben ist. Versteht keine Sau.

Ein Syndrom ist nichts weiter als die Beschreibung eines Zustandes, der aus verschiedenen Quellen gespeist wird, resultiert. Eine eindeutige, also kausale Zuordnung von Ursache und Wirkung läßt sich nicht treffen. Zu deutsch. Syndrom heißt erst mal immer nix genaues weiß man nicht. Das schließt nicht aus, daß man Tage und Wochen später genaueres weiß, wenn man sich genauer mit diesem Syndrom beschäftigt hat.

Menschen, die ein Syndrom haben, können zuweilen arg gebeutelt sein, bis man dem Phänomen auf die Spur gekommen ist. Nehmen wir als Beispiel das Reizdarm-Syndrom, denn das Wort hat so ziemlich jeder schon mal gehört. Außerdem berichten Super-Illu und Apotheken Umschau gefühlt in jedem zweiten Heft davon.

Es bedeutet erstmal nichts weiter, als daß alle erhobenen Befunde negativ sind. Der Mensch ist kerngesund. Der Theorie nach. Praktischerweise leidet er jedoch unter Darm- und/oder Magensausen, sprich Verdauungsstörungen, die das Leben zur Hölle machen. An Maxl läßt sich das sehr gut erklären, denn der ist so ein Mensch wie du und ich, ein Spaßvogel, meistens jedenfalls, der von einem Syndrom heimgesucht wurde. Reizdarm-Syndrom hat er manchmal auch, kann man an den grünen Kackerles erkennen. Das Maxl-Syndrom aber, das kam so.

Als ich mal für längere Zeit an die Nordsee fahren wollte, genauer gesagt, auf eine Insel in der Nordsee, war ich am Abend vor der Abreise sicherheitshalber nochmal Maxl schauen und wurde mit der bösen Kunde überrascht, daß er just 10 Minuten vorher wieder mal einen bösen Flugzeugabsturz überlebt hatte und nun wie ein schwer verletzter Mitmensch in seinem Käfig saß, auch wenn er halbwegs normal vor sich hin quiekte. Er hatte sich den Fuß verstaucht, also die Kralle dermaßen verbogen, daß ein zurück in sein früheres Leben kaum noch möglich war. Und es tat wohl etwas weh.

Erst mal muß noch was ganz anderes erwähnt werden. Heute ist ja sein 9. Geburtstag, da soll er doch mal hochgelebt werden lassen. Der Tag seiner Geburt kann aber auch der 1.11. oder 25.10. gewesen sein. Weiß keiner. Als er vor fast neun Jahren in seinem neuen Heim aufschlug, mag er so an die 4 bis 6 Wochen alte gewesen sein. Keine Ahnung, ab wann solche Federbälle in den Verkauf gehen dürfen.

Sein Frauchen war sich nicht sicher, ob er nochmal zum Doktor soll oder nicht, möglicherweise überlebt er ja den ganzen Scheiß nicht.

Anderntags war er dann doch beim Tierarzt. Machen können die nichts. Einzige Abhilfe wäre Ruhe bewahren und Kneippkur, also Wassertreten in der Spüle. Das haßt er wie die Pest, denn dazu muß er von einem Menschen gegriffen, igitt, und zum Planschbecken transportiert werden, in dem er nicht sehen kann, wo er ist. Ergo will er gleich raus und bewegt sich am Rand entlang, kommt da aber nicht hoch, denn fliegen kann er schon lange nicht mehr.

Die folgenden Wochen dämmerte er mehr oder weniger vor sich hin, verkümmert ganz langsam. In Superzeitlupe sozusagen.

Dann war ich wieder mal bei ihm, habe die ganz leichte Veränderung gesehen und seinen Lebensraum massiv umgestaltet. Sein gesamtes Grundstück wurde auf den guten Eßtisch am Fenster umgezogen. Was sich insofern als Glückstreffer erwies, da er eine bessere Sicht und mehr Licht hat als vorher.

Dann fiel mir ein, daß ja irgendwo noch so eine Glocke rumlag, wie er sie an seinem Bäumchen als liebstes Spielzeug vorfand. Ergo wurde das Teil in eine Käfigecke reingebastelt. Das hat wochenlang nichts genutzt, denn es war eine Fremdkörper, der weiträumig umkurvt wurde.

Dann war einige Tage wieder mal auf Kurzurlaub, so daß er immer mit einem halben Auge unter Beobachtung stand. Das Bäumchen hatte ich zu Hause gelassen, da er ja inzwischen Käfighaltung gewohnt war. Mit der Ausnahme, das das Tor immer sperrangelweit offen steht. Es ist seine Entscheidung, wie er damit umgeht. Aber, ich hatte sein zweites Spielzeug mitgenommen, ein kleines Silberglöckchen. Auch das strafte er mit Mißachtung. Allerdings kennt er mich ganz gut, um nicht zu wissen, daß ich ihm mit Penetranz auf den Sack gehe, solange, bis er das Spielangebot annimmt. Hat er nicht gemacht. Stattdessen startete er in guter alter Manier einen Fluchtversuch. Das Glöckchen liegt da noch auf dem Dach. Er hat es auch angeschaut, aber nicht hin- und her gewälzt, wie üblich. Kurzerhand wurde es in den Käfig verfrachtet.

Dann war er wieder zu Hause, bei sich. Das Telefon klingelt und es wird die Info durchgekabelt, daß er mit seiner kleinen Glocke rumrandaliert und wie aufgelebt ist. Einen Tag später war auch die Nichtachtung der großen Glocke Geschichte. Maxl machte auf Macker und Muckibude. Und nun lebt er wieder richtig auf, in seinem kleinen Gefängnis. Ein oder zweimal hatte er sich seitdem nochmal in die Freiheit gewagt und die neue Umgebung auf eigene Faust erkundet, wie immer mit einem Absturz beendet.

Das Maxl-Syndrom ist einfach erklärt. Er ist multipel schwerbeschädigt, steifer Fuß, flügellahm, aber fast immer gut drauf. Inzwischen krakeelt er auch wieder wie die Antifa. Wenn die Türschließe geht, weiß er, wer da hereingeschneit kommt. Inzwischen krakeelt er wieder wie die Luschen der Aufklärung, damit der Herr Animateur ihn gefälligst bespaßt. Inzwischen will er auch wieder baden gehen, verwechselt aber seinen Fingerhut mit Wasser mit der Badewanne. Er hüpft also auf den Rand vom Wassernapf und dann geht nichts mehr. Ergo wird mit dem randaliert. Dann greift man ihn sich unter lautstarkem Protest, befördert ihn in die Spüle zum Wassertreten, spritz ihn naß und fliegt ihn ganz schnell zurück, damit er sich wieder beruhigt.

Und wie geht Maxl mit dem Maxl-Syndrom um? Nun, er hat sich damit eingerichtet, sein Schicksal akzeptiert.

Maxl-Syndrom heißt also, daß man trotz der beschissenen Gesamtsituation ein durchaus zufriedenstellendes Leben führen kann, wenn man sich darin einrichtet. Die Betonung liegt auf kann. Schaut man sich zum Beispiel die besten deutschen Fake-News-Schleudern an, ist die Beschreibung des Syndroms erst mal einfach. Sie leiden unterm Trump-Syndrom. Hier ist eine Heilung oder ein halbwegs angenehmes Leben mit diesen Beschwerden kaum vorstellbar.