10. Juli 2017

drei Takte Punkmusik im Nordseewind

Es ist Juli, Feriensaison, Sommer. An der nordfriesischen Nordsee ist alles anders. Hitzewelle ist hier bei 22 Grad. Die meisten der weni­gen Strandbevölkerer sind Wanderer, die sich warmhalten wollen. Nur wenige Strandkörbe zeugen von regem Betrieb. Erst bei Wind­stille und ab 21 Grad krauchen die Urlauber aus den Hütten, um das Badewetter zu genießen.

Das durch jahrelange Fehlprägung auf Teneriffa eingeschliffene falsche Bewußtsein wird nun langsam korrigiert. Der, der am Strand liegt, der liegt hier dick eingemummelt, was auf mich nicht zutrifft.

Mich ärgert eher, daß die In-Ears bereits nach drei Takten Punkmu­sik vom Wind aus den Ohren gerissen werden und somit der gemüt­liche Spaziergang zum Marschgesang der persönlich bevorzugten Kapellen suboptimal verläuft.

Ergo wurde flugs der Weg zum nächsten Dealer für Kopfhörer angetreten, um sich auf-die-Ohren-Muscheln zu besorgen. Die biligsten von Sony waren das Geld wert. 17 Euro. Der Baß ist so verhunzt, daß ich die Hörer am liebsten dem Salzwasser anvertraut hätte. Dann fand ich jedoch die Lösung. Der MP4-Player hat einen EQ (keinen IQ), mit dem sich die ingenieurtechnische Fehlleistung halbwegs ausbügeln läßt, so daß der Klang in etwa ungefähr an den gewohnten Höreindruck von Koss und Sennheiser heranreicht.

Tja, an den Sennheisern für 50 Euro beißen sie sich alle die Zähne aus. Es war mein Fehler. Die letzte Entscheidung beim Verlassen der Wohnung betraf die Lauscher. Koss oder Sennheiser. Beide lagen nebeneinander. Der Griff zu den Koss war falsch. Die 17 Euro sind schnell wieder rein. Zweimal auf Kaffee und Eis oder einmal auf lecker Steak verzichtet, schon ist die Finanzwelt wieder im Lot.

Dann geht man bei herrlichem Sonnenschein am Strand spazieren und muß sich das hier anhören.
Verdammt nochmal, zieht eure Shirts aus.
Campino, Rock am Ring, 2017
Recht hat er, der Herr Frege, wenn ich über die dick eingemum­melten Menschinnen sinniere. Einige haben durchaus alle Anlagen, ihr Shirt auszuziehen.

Ich habe es extra nochmal nachgehört. Er hat Shirts gesagt, nicht Shorts. Das wäre dann ich, der an einem weniger begangenem Strandabschnitt schnell mal blank zieht um ins Wasser zu hüpfen. Selbst mir wäre der Weg zu den erlaubten Machdichmalfrei-Stränden zu weit. Lohnt den Aufwand für die wenigen Minuten Freiheit nicht.

Abgesehen davon. Die Toten Hosen sind Pop, bestenfalls Rock und manchmal auch Schlager. Punk, das haben sie den Käufern des Doppelalbums Laune der Natur spendiert. Die haben Schimmelpunk­songs ausgegraben, die jahrenlang gereift sind und erst jetzt den letzten Schliff der Veredelung fanden.