19. Februar 2012

Einführung in die soziologische Statistik

Zuerst halten wir mal eines fest. Eine exakte Lösung (FAZ) bei der Festlegung eines neuen Bundespräsidenten wird es nicht geben. Auch nicht schrittweise, wie es die FAZ orakelt. Schon deswegen nicht, weil in dem ellenlangen Text das Wort Volk nicht vorkommt. Auch bei anderen bleibt das Volk außen vor. Im Ernst.

„Wir brauchen jetzt einen Bundespräsidenten, der von allen Parteien akzeptiert und getragen wird.“

Soso, darum geht es also, um einen Parteipräsidenten.

Und ich dächte, es sei einer, der das deutsche Staatsvolk repräsentieren soll.

Eine exakte Lösung gäbe es dann, wenn das Volk den Bundespräsident in allgemeinen und freien Wahlen bestimmt. Das Volk ist außen vor. Hat nichts zu wählen. Umfragen zählen nicht, denn Umfragen sind keine Wahlen, auch kein Wahlersatz. Umfragen ist sowas wie Wichsen mit Zahlen.

Damit wären wir auch schon beim Grundgesetz der soziologischen Statistik. Es ist wieder mal an der Zeit, den Lieblingssatz meines Soziologie-Dozenten zu zitieren, den der wiederum von seinem Lehrer abgekupfert hatte, der von weiß ich wem, was letztlich bis zu Luthers verrückten Sprüchen zurückgeführt werden könnte. Das Grundgesetz soziologischer Statistik lautet:

Der prozentuale Anteil der Doofen ist in jeder soziologischen Stichprobe annähernd gleich groß.

Dies sei an einem aktuellen Beispiel dargestellt. 54 Prozent aller Deutschen wollen Gauck zum Präsidenten. Meint die Zeit in Abschrift der BILD.


Grammatik wird in der Redaktion der Zeit noch geübt. Irgendwann können sie es.

Nun, das stimmt so nicht ganz. 54 Prozent der Befragten haben sich in diesem Sinne geäußert.

Das spielt für die Interpretation der Befragungsrergebnisse übrigens keine Rolle. Mir ging es vordergründig darum, mit einem aktuellen Beispiel das Grundgesetz der soziologischen Statistik zu belegen. Das ist ja auch sehr gut gelungen.

Eine zweiter Aspekt der Geschichte sei nicht weiter verfolgt, da eh schon alle drauf reingefallen sind. BILD gibt wieder mal die Маршрут vor und alle latschen brav hinterher, statt sich selber den Kopf zu zerbrechen.

Wenn wir schon mal bei der Interpretation soziologischer Sachverhalte sind, dann sei gleich noch der Zusatzartikel zum Grundgesetz der soziologischen Statistik erläutert. Ein ausgewiesener Praktiker der soziologischen Forschung hatte mir den mal wie folgt erläutert. Es gibt weit schlimmere Dinge als Statistiken. Das sind Interviews. Die gibt es in verschiedenen Formen. Die beiden wichtigsten sind: a) der strukturierte Fragenkatalog, der in freier Rede schriftlich beantwortet und anschließend ausgewertet wird und b) das freie Interview (Gespräch) über Gott und die Welt, das anschließend sinngemäß protokolliert und verdichtet werden muß.

Ich mußte mehrfach sowas erledigen. Das ist sowas wie der Griff ins Klo, denn das ist echt mit schweißtreibender und oftmals langweiliger Arbeit verbunden. Am schlimmsten waren freie Gespräche, die man dann selber zusammen­fassen mußte. Die Gespräche selber waren ja okay, aber aus diesen den Saft rauspressen und in Papierform gießen, das war Mist.

Langer Rede kurzer Sinn. Der Zusatzartikel zum Grundgesetz soziologischer Statistik geht so:

Wenn einer sagt, der Chef ist ein Arschloch, dann nimmt man das so hin. Sagt es ein zweiter, dann sollte man hellhörig werden. Wird es von einem Dritten bestätigt, dann ist der Chef ein Arschloch.

Auch der Zusatzartikel sei an einem griffigen Beispiel erläutert.

Sie nannten ihn Gauki.