18. Juni 2016

Fußball mit der Gesangslehrerin

Ja, sagt sie irgendwann, nachdem ich von den tollen Barfußabenteuern in den Höhenlagen von Teneriffa berichtet hatte, wenn sie demnächst mehr Luft in ihrem Leben habe, kauft sie sich die auch. Das hat sie sich ganz fest vorgenommen. Außerdem, meinte sie, habe sie geahnt, daß ich da wieder irgendwo am Fuße des Teide rumkraxel, obwohl sie das eigentlich nicht möchte. Ich weiß, meinte ich, aber das ist mir egal.

Mal schauen, wie lange Entscheidungsprozesse zum Kauf von Zehen­schuhen bei Frauen dauern. Einige Entscheidungen gehen ganz flink.

Wir gehen jetzt Fußball kucken. Das Etablissement entpuppte sich als 4- oder 5-Tische-Kneipe mit großem Flachbildschirm, in dem sogar noch ein großer Tisch frei war, was die Gesamtheit der Nasen, die ob der grotten­schlechten Vorstellung der Deutschen Edelkicker von einem enttäuschten Stöhner in den nächsten verfielen, auf ca. 20 begrenzte.

Ich überlegte noch, ob ich ihr die Abseitsregel erkläre oder anderweitig mit meinem enzyklopädischem Fußballwissen aufschneiden kann. Das hatte sich schnell erledigt, nachdem klar war, daß die Überlegungen der Dame eher in die Richtung ging, welchen der Kerle sie für sich bean­sprucht. Nummer 17. Ganz klar.

Aus Gründen der Höflichkeit habe ich mich zur fachlichen Kompetenz der Frauen im Saal nicht geäußert, das Elend der Mannschaft mit Gleichmut hingenommen, denn im Gegensatz zu all den Leuten im tiefen Westen der Stadt war ich aus dem fernen Osten angereist. Damit steht auch die Ver­mutung im Raum, daß ich die Mannschaft nicht zwingend in mein Herz geschlossen habe und deren Auftritte somit deutlich unbefangener sehe, somit auch stark schaumgebremsten Enthusiasmus verbreite, sollte doch mal ein Tor fallen. Hätten die Polen eines geschossen, um den Deutschen eine auszuwischen, hätte ich als stiller Genießer die Schadenfreude in mich hinein gegluckst.

So kam es wie es kommen mußte. Die größten Jubelstürme und endloses Gelächter heimste Kleber ein, als er vorlas, de Maizieré wolle durch den verstärkten Einsatz von Wachpolizisten das Eigentum der Bürger vor dem Zugriff von Dieben schützen.

Ich habe dann nur gestaunt, was mitten in der Nacht in Berlin noch für ein Volk unterwegs ist. Die S-Bahnen waren rammelvoll. Es war ein inte­ressanter Abend, aber Rudelkucken dieser höchst langweiligen Kickerei, das ist dann doch nicht mein Ding.