29. August 2015

fotografische Esoterik

Wer mit derart imposanten Gerät in der Öffentlichkeit fotografiert, muss mit neugierigen Nachfragen rechnen.

Thomas Stade, Sascha Steinhoff, Teleskop statt Teleobjektiv, c't Digitale Fotografie 05/2015, S. 62

Hatte ich schon mal erwähnt, daß das vor Jahrzehnten nicht anders war? Ich gehöre ja zu jenen, die eine glückliche Schulzeit hatten, gerne zur Schule gingen, das Wissen begierig aufsogen und die Angebote der Schule, so sie von Interesse schienen, auch annahmen. Ich habe mich schon mit Computern und deren Programmierung beschäftigt, da wußte nur ein eingeweihter Teil der Menschheit, daß es sowas gibt. Das war insofern spannend, weil es noch die Zeiten der archäologischen Computerei war. Der Code paßte nicht auf den Trommelspeicher, da viel zu komplex und lang, zumal auch noch der Zahlenspeicher drunter litt. Ergo hat man erst mal tagelang drüber gegrübelt, wie man das optimiert. Die Lösung war simpel. Es wurde ein Lochstreifen als Endlosschleife mit der kompletten Programmsequenz geschrieben, die sequentiell eingelesen und abgearbeitet wurde. Die Ergebnisse wurden auf einer Lochstanze ausgegeben, um sie später mit einem zweiten Programm auf Schreibmaschine auszudrucken.

Die Schule hatte auch Fotolabor und Schulfernrohr. Ach, ich sehe gerade, den Aufsatz kann ich mir sparen. Das Thema war schon mal auf Sendung.

Der Artikel erinnerte also an früher, als das exakt genauso war, wie heute. Man hat die Kamera an das Fernrohr geschraubt, und auf viel Glück gehofft, daß die Aufnahmen was werden. War eh nur SW-Film hoher Empfindlichkeit. Man mußte ja nur ein paar helle Kleckse drauf haben.

Auch vor Jahrzehnten mußte man sich schon Fragen von wachsamen Volkspolizisten anhören, die ihre Dienstzeit allerdings auch zum Wissenserwerb nutzten und der nächtlichen Astronomiestunde mit großem Interesse folgten.

Sonst hat sich bei der Zeitschrift wenig geändert. Die hat man binnen zweier strammer S-Bahnfahrten durchgelesen, d.h. in ungefähr gut 2 bis 3 Zeitstunden. Im Buchformat A5 wären das ca. 350 Seiten. Je nach Güte des Textes beträgt mein Lesetempo so 40 bis 50 Seiten die Stunde, bezogen auf anspruchsvolle Literatur. Wenn der dicke Brummer aus dem Heise-Verlag auf die Schnelle durchgeknattert wird, dann ist das Magazin weitestgehend uninteressant.

Der Test von Objektiven für die Canon 5Ds mit ihren 50 Megapixeln war interessant, denn der offenbarte, was von den kleineren Exemplaren des Herstellers längst bekannt war. Die Fläche von Kleinbildfilm kann bei dieser Pixeldichte nur noch von einigen Objektiven belichtet werden, alle anderen liefern Matschbilder. Die wichtigste Erkenntnis, der neue Plasteknubbel 50mm-STM hat sensationell gut abgeschnitten.

In unserem Blog haben wir den Vorgänger 50mm/f1.8 II immer in den höchsten Tönen gelobt, denn es macht unter vielen Bedingungen die technisch besten Bilder. Wer knackscharfe Fotos mag, der sollte das 50/1.8 STM erwerben. Lohnt sich. Auf die schweineteure Kamera kann er verzichten.

Sandra Petrowitz, eine Reisefotografin, hat einen voluminösen Artikel über den Einfluß von Wetterunbilden auf die Ausrüstung angefertigt, der etwas viel zu lang geraten ist, aber durchaus von Interesse. Es geht um Kälte, Schnee, Wasser und Sand.

Das Thema Sand war hier im Blog mit einem Lob des Kapitalismus wesentlich kürzer abgehandelt worden. Irgendwann muß die Ausrüstung zum Spezialisten, um die Sahara zu eliminieren.

Der Rest des dicken Heftes war weitestgehend Esoterik. Ein amerikanischer Fotograf will den Deutschen, also Europäern, das perfekte Posing verklickern. Posingfotos sehen durch die Bank Kacke aus. Das muß mal so im Internet drin stehen. Die amerikanischen Posingfotos erst recht, denn die sind auf den prüden, verschlossenen, ängstlichen Markt der USA zugeschnitten und sollten dort ihre erzieherische Wirkung entfalten. Die Beispielfotos, im Heft sind dann eben genau das, was Posingbilder sind, digitaler Pixelmüll.

Das Thema Porträtfotos habe ich am Beispiel von Katja Kipping erschöpfend behandelt. Die Posingbilder von ihr sucht ihr euch selber im Internet raus, dann könnt ihr auch selber entscheiden, was die bessere Ablichtung ist.

Der nächste Esoteriker, eine In, sollte uns Headshots schmackhaft machen, also einen Kopfschuß wie bei Uwe Böhnhardt.

Ach nein, die meinen jene Fotos, die auch wieder nur einer Laune der Produzenten in Hollywood entsprungen sind. Das sind die Bilder, die der Grund sind, warum ich kaum noch ins Kino gehe, da die fotografische Qualität moderner Filme ziemlich mies ist. Es sind jene Porträtfotos, die den Menschen nur noch von Unterlippe bis Stirn oder Haaransatz zeigen, dafür im Breitbildformat. Daß es auch anders geht, weiß jeder, der Departed gesehen hat.

Auch für die im Heft abgedruckten Bilder gibt es durchweg die Note 5. Zweck dieser Bilder ist einzig, die Tauglichkeit der Portraitierten für die 16:9-Kamera begutachten zu können. Die Filme, die dann so gedreht werden, sind dann allerdings genauso scheiße, wie die Fotos.

Den Vogel schoß aber diesmal der Artikel über Gartenfotografie ab. Man soll bitteschön mit Reflektor, Blütenblattpinsel, mehreren Stativen, Helfern und Hilfsmitteln in seiner Unkrautwüste antreten, um all das abzulichten was da kreucht und fleucht.