1. Dezember 2013

der Spott Lenins

Как говорил один дедушка: В Германии революция не возможна, так как немцы перед тем как занять вокзал должны будут купить перронный билет.



zeit.de 29. November 2013 07:31 Uhr
VERBOTE UND FREIHEIT

Über die Lust der Deutschen, Vorschriften zu befolgen

Alle Erfahrungen der Deutschen mit Diktaturen haben nicht ausgereicht, ihnen die Lust am Verbieten auszutreiben.

VON ULRICH GREINER

Die Deutschen, so soll Lenin gespottet haben, würden eine Bahnsteig­kar­te kaufen, bevor sie einen Bahnhof stürmten. Bahnsteigkarten gibt es nicht mehr, doch die Lust, Vorschriften zu befolgen oder gar neue her­bei­zuwünschen, scheint ungebrochen.


Leider hat Herr Greiner den Einstieg gründlich vermasselt, wenn nicht sogar vollkommen falsch dargestellt, denn diese Bahnsteigkarte war dieser Tage auch hier im Blog ein Thema.

Dann korrigieren wir den Literaturchef der Zeit, der sich in der marxistisch-leninistischehn Literatur offensichtlich gar nicht auskennt. Im Prinzip ist das simpel. Man füttert die Findemaschine seiner Wahl mit Lenin und Bahnsteig­karte und findet auch erst mal was. Meistens sogar lustige Sätze.

„Revolution in Deutschland? Das wird nie etwas. Wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich noch eine Bahnsteigkarte!“ Das soll Lenin gesagt haben. (Nina Braun)

Soll er gesagt haben. Die Wikipedia meint hingegen, es wird ihm zuge­schrie­ben.

Igelin dichtet das Dichterwort so um, daß es in seinen Modelleisenbahnaufbau reinpaßt:

Lenin sagte sinngemäß: Wenn deutsche Revolutionäre einen Bahnhof stürmen, lösen sie vorher eine Bahnsteigkarte. Geht es nicht auch ohne Ticket?

Hatte Lenin also Unrecht?

Wir lassen nicht unerwähnt, daß selbst im renomierten "Oxford Handbook of Modern German History" die Aussage enthalten ist.

If the Germans staged a revolution at the train station, they would buy tickets for the platform first.

Doch was steht wirklich in der Schrift? Nun, zuerst mal finden wir das Lenin zugeschriebene Zitat bei Stalin. Autsch! Dort ist es allerdings eine etwas längere Anekdote.

Den Einstieg zum Thema liefert Ludwig mit der Frage Glauben Sie nicht, dass die Deutschen als Nation mehr Ordnungsliebe haben als Freiheitsliebe?

Nun denn, einen Tipp gibt es noch. Eigentlich zwei. Willy Brandt sollte es ja wissen und führt Karl Radek als Erfinder der Bahnsteigkarte in die Literatur ein, um sich elf Seiten später wieder zu revidieren.

Dann gibt es eine zweite, kleine Fundstelle, auf Folie 18.

Ein belesener Teilnehmer der GEW-Veranstaltung hat nach dem Vortrag darauf hingewiesen, dass dieses Zitat überall irrtümlich Lenin zuge­schrie­ben werde, es gehe tatsächlich auf Karl Radek zurück. Danke für diesen Hinweis!

Und in Russisch liest sich das dann so.

О немецких рабочих Радек сказал, что их восстания будут неудачны, так как они не возьмут вокзалы, а пойдут брать перронные билеты.

Meine Fresse, für einen Sonntag Morgen ist das aber wieder mal richtig klug geschissen, was wir in aller Herrgottsfrühe ausgeforscht haben.