5. September 2013

Roger Waters und das Judenschwein



Man könnte sich kringeln wie ein Ringelschwanz, so strunzdämlich sind Journalisten des Feuilleton, und deren Innen natürlich auch, da sie unre­flek­tiert das Bauchgrimmen von drei oder fünf beleidigten Leberwürsten zum Weltuntergang auswalzen. Dementsprechend wäre es zu behandeln, wird es aber nicht. Statt den armen Würstchen zu empfehlen, sich mit kulturellen Rezeptionsfähigkeiten und allgemeiner Bildung auszustatten, wird der Untergang der Juden thematisiert, was einer formidablen Fehlleistung gleichkommt.

Wir notieren es hier nur für das Archiv.

In der TAZ darf Jenni Zylka, die selber Musim macht und es besser wissen sollte, das Schwein des Anstoßes schlachten.

Ein Keiler mit Davidstern: Roger Waters „The Wall“ im Berliner Olympiastadion sorgte für Protest. Der Senat sagte die Show dennoch nicht ab.

Andreas Conrad machte sich für den Tagesspiegel auf die Socken, klatschte sich Tomaten auf die Augen und stöpselte Möhren in die Ohr'n, damit es zu folgendem Fazit langt:

Warten auf das Schwein: Die propagandistisch überladene „The Wall“-Show im Berliner Olympiastadion.

Auch draußen vor den Toren war am Mittwochabend kein Protestplakat zu sehen, trotz der Aufregung um Schwein und Stern.


Und weil nirgendwo in Berlin protestiert wurde, in Matschbirnen mal ausgenommen, zerreißt er die Show in der Luft, was wir zum Anlaß nehmen, die Mitteilung zu erneuern, daß wir uns mit dem Tagesspiegel nicht mal den Arsch abwischen würden, denn dem gönnen wir nur Gutes.

Frank Junghänel darf für die Berliner Zeitung die Geschmacklosigkeiten des Konzertes so zusammenfassen.

Der Davidstern ist geschmacklos, aber kein Skandal.

Ja, so steht der Satz im Raum. Wir haben ihn nicht erfunden, notieren ihn hier nur für zwecke der Beweissicherung.

Nur der Berlin-Brandenburgische Staatsfunk sieht das alles gelassen.

Die Konzertbesucher allerdings ließ das Schwein "kalt": Es gab keine Protestaktionen oder Buhrufe.

Das freut die kunstinteressierte Öffentlichkeit, wenn jetzt schon meldepflichtig ist, daß es keine Proteste oder Buhrufe gab.

Wer das Gehirn wegen all der putzigen Artikel noch nicht voll hat, dem sei das Internet als Füllhorn schweinischer Artikel empfohlen.

Schon Ende August warnte die Jüdische Gemeinde vor dem Völkermord­auf­rufer Waters.

Die Mauer muß bleiben, soll Roger Waters gesagt haben.

Der Veranstalter entläßt einen der lustigsten Sätze zum Sachverhalt ins Internet.

„Die Marek Lieberberg Konzertagentur distanziert sich ausdrücklich von zweifelhaften, verunglimpfenden Metaphern, sieht jedoch keine Möglichkeit, in das Recht auf künstlerische Freiheit einzugreifen.“

Das Konzert begann selbstverständlich nicht pünktlich, weil es Mark Lieberberg verkackt hat, entgegen seiner vollmundigen und schriftlichen Zusicherung, dem würde so sein.

Fügen wir uns also der Definition, was Antisemitismus ist. Antisemitismus ist nicht nur eine Stilfrage.

Antisemitismus liegt auch dann vor, wenn antisemitische Stereotype und Bilder verwendet werden ... oder realitätsfremde Weltverschwörungen phantasiert werden oder aber kollektiv Eigenschaften oder Ereignisse „den Juden“ zugeschrieben werden.

Oha, da fallen uns spontan noch viele andere Antiismen ein, auf die das auch zutrifft.

Klammheimlich fragen wir uns nun, ob wir die DVD "Der große Diktatur" lieber mit einem unauffälligen Pornoaufkleber tarnen, weil uns deren Besitz und Konsumtion aus dieser Sicht der Dinge heraus nicht mehr koscher erscheint.